Interview mit Zeitzeuge und Spieleautor Martin Böttger

Der Bürgerrechtler und Spielautor spricht über Bürokratopoly und sein Leben in der DDR.

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Inhalt

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Videoübersicht:

1     Die Idee zum Spiel
2     Kopien von Kopien
3     Wahl und Zufall
4     Hauptabteilung XX
5     Sinn des Spielens
6     Spiel mit der Stasi
7     Wege in die Opposition
8     Friedensbewegung
9     Jugend in der DDR
10   Karriere

 

Dass Bürokratopoly in dieser Form überhaupt ins Visier der Stasi geraten konnte und auch dass es als komplette Kopie in den Akten zu finden war, begründet sich gewiss damit, dass das Spiel nicht nur im Privatbesitz seines Urhebers verblieb. Ohne das aktive Bestreben Böttgers verbreitete sich sein Machwerk. Nicht nur die Stasi machte eine Kopie des Spiels, auch Freunde und Bekannte reproduzierten den Spielplan und die Ereigniskarten. Der leidenschaftliche Spieler Martin Böttger wusste um das subversive Potential des Spiels. Heute, ca. 30 Jahre nach der Entstehung der ursprünglichen Fassung, tauchten mehrere Kopien und Varianten des Originals auf, jede einzelne davon modifiziert und individuell gestaltet.

Martin Böttger spielte ein doppeltes Gesellschaftsspiel. Zum einen entwickelte er Bürokratopoly als kritisches Medium, das die Zusammenhänge im Staat entlarven sollte, zum anderen spielte er, als Bürger dieses Staates, Katz und Maus mit den Sicherheitsorganen. Obwohl er 1947 als Sohn eines Pfarrers geboren wurde, durfte er zwischen 1965 und 1970 Physik studieren. Da er jedoch den Dienst an der Waffe verweigerte und sich nach dem Studium nur als Bausoldat hatte einziehen lassen, wurde ihm eine anschließende Promotion verweigert. Sein Wirken in oppositionellen Kreisen seit 1970 sorgte dafür, dass er mehrfach verhaftet wurde und zeugt von seinem Mut und dem Wunsch eine Gesellschaft zum positiven zu verändern. Martin Böttger war einer der Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte und 1989 Gründungsmitglied des Neuen Forum. Von 2001 bis 2010, Jahre nach der Wiedervereinigung, leitete er die Chemnitzer Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.